Alltagshelfer mit Handicap in der Kita

Erschienen auf: ndr.de und in der Sendung „Markt“

Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz ist Realität. Aber es fehlen Arbeitskräfte, die sich um die Kleinen kümmern. Gute Ideen sind also gefragt, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. In Braunschweig gibt es ein Pilotprojekt, in dem Menschen mit Behinderung so geschult werden, dass sie Hilfstätigkeiten im Kindergarten übernehmen können.

Mehr als 280.000 Menschen mit Behinderung arbeiten in Deutschland in Werkstätten. Rund ein Fünftel davon in Norddeutschland. Doch es gibt Bestrebungen, Menschen mit Handicap statt in Werkstätten als Helfer in anderen Betrieben einzusetzen – vor allem da, wo es Engpässe gibt, wie in der Pflege, in Seniorenheimen, im Handwerk oder in Kindergärten.

Alltagshelfer in der Kita

Ein Beispiel ist die Fortbildung zum Kindergartenhelfer durch die Lebenshilfe, eine gemeinnützige Initiative in Braunschweig. Ein Jahr dauert die Fortbildung. Die Lebenshilfe Braunschweig arbeitet mit sechs Kitas zusammen. Dort können die Teilnehmer Praktika machen, um sich für eine spätere Beschäftigung zu empfehlen. Aus dem ersten Kurs wurden sechs von zehn Teilnehmern erfolgreich vermittelt.

Umfangreiche Ausbildung

Die Fortbildung umfasst hauswirtschaftliche Tätigkeiten, Arbeitshygiene, Hebe- und Tragetechniken. Auch mit Stresssituationen werden die Teilnehmer konfrontiert. Sie bekommen eine Verkehrsschulung und einen Erste-Hilfe-Kurs am Kind. „Wir haben gemerkt, dass wir viele Talente in unseren Werkstätten haben, die Interesse hatten, mit Kindern zu arbeiten“, sagt Michael Schumann, Leiter des Fachdienstes Betriebliche Integration bei der Lebenshilfe Braunschweig.

Vorbild für andere Städte

Mittlerweile gibt es Kindergartenhelfer-Kurse auch in anderen Städten. Die Elbe-Werkstätten in Hamburg zum Beispiel bieten einen vierjährigen Kurs an, bei dem die Teilnehmer in den ersten beiden Jahren drei Tage die Schule besuchen und zwei Tage in der Kita arbeiten. Hier besteht eine Kooperation mit der Fachschule für Sonderpädagogik in Hamburg-Altona. Im dritten und vierten Jahr sind die Teilnehmer drei Tage pro Woche in der Kita und zwei Tage im Klassenraum.

Vorreiter Seniorenpflege

Die Fortbildung zum Kindergartenhelfer entstand, nachdem sich Seniorenhelfer in der Praxis bewährt hatten: Menschen mit geistiger Behinderung gehen mit Senioren spazieren, helfen ihnen beim Essen oder spielen und singen mit ihnen. In der Altenpflege herrscht ein großer Mangel an Pflegekräften – bei einer immer älter werdenden Bevölkerung ein echtes Problem. Die Chancen für Menschen mit Handicap, nach der Fortbildung eine dauerhafte Beschäftigung zu finden, sind derzeit entsprechend  groß. Das zeigt die Studie „Perspektivenwechsel“, in Auftrag gegeben von der Bundesvereinigung Lebenshilfe und der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege.

Am Ende profitieren alle

Ob Kinder- oder Seniorenhilfe: Am Ende profitieren alle. Menschen mit Behinderung entkommen dem meist eintönigen Alltag in einer Werkstatt und können sich auf anderen Gebieten beweisen. Sie bekommen die Chance, eine Stelle auf dem freien Arbeitsmarkt zu erhalten. In den Kitas und Seniorenheimen entlasten sie die Erzieher und Pflegekräfte, die sich auf ihre pädagogische Arbeit und auf die Versorgung der Bewohner konzentrieren können.

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